Der
Turm im See - das Wahrzeichen des Vinschgau ist zugleich märchenhaft und faszinierend:
Aus dem 6 km langen, klaren
Reschensee, vor der Bergkulisse des urigen
Langtauferer Tals, ragt einsam ein versunkener Kirchturm. Doch die
Geschichte hinter dem bekannten Postkartenmotiv, dem „Turm im See“, ist
weit weniger idyllisch: Das romanische Kirchlein aus dem 14. Jahrhundert
ist stummer Zeitzeuge einer verantwortungslosen
See-Stauung kurz nach
dem Ende des Zweiten Weltkrieges.
Seit 1922 wütete in Italien und somit auch in Südtirol der
Faschismus. Im Jahre 1939 reichte der Großkonzern "Montecatini" ein
Projekt ein, den Reschen- und Graunersee um 22 Meter zu stauen. Die
Bevölkerung von
Reschen und
Graun wurde dabei völlig übergangen. Der
ausgebrochene zweite Weltkrieg verzögerte dann allerdings das bereits
angefangene Bauvorhaben. Die Bewohner des Oberen Vinschgaues glaubten
damit, dieses Schreckgespenst für immer los zu sein. Doch zur Bestürzung
der betroffenen Einwohner wurde 1947, nur zwei Jahre nach Kriegsende,
von Seiten der Montecatini bekannt gegeben, dass die Arbeiten am
Stauprojekt unverzüglich wieder aufgenommen werden.
1950 im Sommer war es nun soweit. Die Schleusen wurden
geschlossen und der Reschensee gestaut. 677 Hektar Grund und Boden
wurden überflutet, beinahe 150 Familien wurden ihrer Existenz beraubt,
und die Hälfte davon zur Auswanderung gezwungen. Die Entschädigungen
waren sehr bescheiden. Die Bewohner von Graun hatte man dann notdürftig
in ein Barackenlager am Ausgang des Langtauferertales, das man eiligst
aufgestellt hatte, untergebracht. Durch das faschistische Stauprojekt
verloren hunderte Familien aus Graun und Reschen ihre Existenz.
Heute steht der Turm im Reschensee unter
Denkmalschutz und
ist Wahrzeichen der Gemeinde Graun und ein Publikumsmagnet.