Robinien, Flaumeichen, Kastanien, Eschen, Berberitzen-, Sanddorn- und Wacholdersträucher ... gedeihen auf dem ausgewaschenen Boden. Stehen oft einsam im hohen Gras. Der Südbalkon des Vinschgaus ist eigen und bizarr. Und schön. Besonders schön an einem sonnigen Wintertag, bemerke ich. Vis à vis, an der Nordseite, leuchtet der schneebedeckte Wald. Alpin und kalt. Und hier braucht’s nicht mal zwingend eine Winterjacke.
Manche Stellen des Sonnenbergs weisen Spuren von vorrömischer Besiedelung auf, Ganglegg ob Schluderns oder St. Georg ob Kortsch zum Beispiel. Die Behauptung, dass die Bäume des Sonnenbergs von den Römern zum Bau Venedigs gefällt wurden, hielt sich bis in die jüngste Vergangenheit hartnäckig. Auch mir wurde als Kind noch diese Version erzählt. Und die Vorstellung, dass Venedigs Prachtpalazzi auf Vinschger Holzstämmen in der Adria stehen, hat seinen Reiz. Doch heute wird dies bezweifelt: Die Etsch im Tal unten war nicht flößbar, die Stämme konnten also gar nicht transportiert werden. Grund für die Zerstörung des Baumbestands war einfach Brandrodung und Verbiss durch Schafe und Ziegen.
Sei’s drum! Klar ist die Luft, die Sicht, scharf die Konturen der Berge, lieblich die Farben um mir: gelb, braun, ocker, grün, grau, senffarben. Historie, Flora, Landschaft – alles webt sich hier zu einem besonderen Miteinander.